28. Juni 2024
Lara Steinhäußer
28. Juni 2024
Lara Steinhäußer
Florentina Leitner bespielt mit fantastischen, floralen, feminin verspielten Modedesigns im Rahmen der Reihe (CON)TEMPORARY FASHION SHOWCASE bis 3.11.2024 das MAK Geymüllerschlössel. Im Gespräch mit MAK Kustodin und Ausstellungskuratorin Lara Steinhäußer verrät die Designerin, was sie inspiriert und wie ihre Kollektionen entstehen.
Lara Steinhäußer
Liebe Florentina, du hast bereits als Jugendliche beschlossen mit Mode zu arbeiten und hast die Modeschule Hetzendorf besucht, bevor du zum Studieren nach Antwerpen an die Royal Academy gegangen bist. Es gab aber auch eine Alternative für dich – du hast verraten, dass du dir als Kind auch vorstellen konntest, Regisseurin zu werden. Heute sind deine Kollektionen häufig von Filmklassikern beeinflusst und auch auf die Inszenierung deiner Mode im Rahmen von Fashion Filmen legst du scheinbar großen Wert. Bitte verrate uns: Welchen Stellenwert hat Film in deinem Schaffen? Überlegst du dir die Drehbücher für deine Fashion Filme von Anfang an oder entstehen diese Bilder eher im Kollektiv?
Florentina Leitner
Der Film hat für mich einen großen Stellenwert. Für mich ist es wichtig, etwas Visuelles zu meinen Designs zu entwickeln, das ich mit der Welt teilen kann. Hier sind Social Media als Plattform für Video und Film sehr hilfreich. Es ist immer gut, Kleidung in Bewegung zu sehen und nicht nur hängend an einem Kleiderhaken. Die Drehbücher für meine Fashion Filme entstehen manchmal spontan. Oft entwickelt sich die Idee dazu beim Shooting eines Projektes oder einer Kollektion.
Lara Steinhäußer
Wie groß ist dein Team, bzw. wie viele Leute sind an der Entstehung einer Florentina Leitner-Kollektion und an der medialen Umsetzung beteiligt?
Florentina Leitner
Mein fixes Team im Studio besteht aus mir und Maximilian Rittler, auch er ist ein gebürtiger Österreicher. Wir arbeiten gemeinsam mit Praktikant*innen, meistens sind wir in Summe zu acht. Bei den Fotoshootings arbeiten wir in einem kleineren Team von etwa fünf Personen.
Lara Steinhäußer
In deiner aktuellen Herbst-Winter-Kollektion L’Autrichienne, die auch mit drei Looks – versehen mit Perücken von Sophia-Stolz in der Ausstellung im MAK Geymüllerschlössel – gezeigt werden widmest du dich einer historischen Persönlichkeit – Marie Antoinette. Warum hat gerade diese Österreicherin dich inspiriert, sie ist ja eine nicht unumstrittene Persönlichkeit. Und wie ist der Name der Kollektion genau zu verstehen?
Florentina Leitner
Der Name der Kollektion leitet sich von dem Namen ab, wie sie am französischen Hof genannt wurde. Marie Antoinette war dort nicht wirklich beliebt und man hat sich über sie lustig gemacht. Sie wurde „L’Autre chienne“ genannt – übersetzt heißt das „die andere Hündin“. Ich fand das Wortspiel ganz lustig und nahm es zum Anlass, Hunde als Motive in die Kollektion einzubauen. Damit habe ich versucht, die Kollektion in eine humorvolle Richtung zu pushen. Ausschlaggebend war auch der Film von Sofia Coppola aus dem Jahr 2006 über das Leben der österreichischen Erzherzogin und französischen Königin, ein Lieblingsfilm von mir und Max Rittler. Die Kollektion war das erste gemeinsame Projekt von mir und Max. Wir wollten etwas Gemeinsames machen, wo wir beide sehr dahinter stehen.
Für mich war die Rokoko-Mode schon immer eine Inspirationsquelle. Ich dachte mir, das ist ein „full circle moment“ − als Österreicherin eine österreichische Ikone wie Marie Antoinette als Inspiration zu benutzen.
Lara Steinhäußer
Zu den wiederkehrenden Elementen in deiner Mode zählen Charakteristika wie dreidimensionale Blütenverzierungen oder Kunstpelz und große Sonnenbrillen, die an Peggy Guggenheim denken lassen…
Florentina Leitner
Die Sonnenbrillen waren mein erstes kommerzielles Produkt. Für die Entwicklung meiner Masterkollektion Sonnenbrillen, die von Peggy Guggenheim inspiriert waren, haben wir mit der Firma Komono kollaboriert. Die Sonnenbrillen haben sich sehr gut verkauft. Daraufhin haben wir beschlossen, eine Abwandlung davon mit Yuma Labs selbst zu produzieren. Yuma Labs verwendet recycelten Kunststoff, um vollständig abnehmbare Rahmen herzustellen, die am Ende ihrer Lebensdauer zerlegt und wiederverwertet werden können. Für die Fall/Winter Kollektion 2022 haben wir 3-D gedruckte Sonnenbrillen inspiriert von Erwin Wurm entwickelt.
Lara Steinhäußer
Ist dir Nachhaltigkeit besonders wichtig?
Florentina Leitner
Ja, Nachhaltigkeit sollte für jeden wichtig sein. Ich finde es essenziell auf Qualität zu achten. Ich hoffe, dass die Menschen, die meine Designs kaufen, die Sachen lange behalten oder weitergeben. Es ist mir wichtig, dass die Stücke nicht weggeschmissen werden, sie sollten weiterverkauft werden und vielleicht sogar in Museen kommen. Wir arbeiten zu einem großen Teil mit recycelten Materialien und es ist uns sehr wichtig so nachhaltig wie möglich zu produzieren.
Lara Steinhäußer
Gibt es eine typische Florentina Leitner-Kundin und wenn ja, was zeichnet sie aus?
Florentina Leitner
Im Moment ist unsere Marke im asiatischen Raum, vor allem in Korea, sehr beliebt. Ich stelle mir immer eine Muse für die Kollektion vor, meistens eine junge Frau Mitte/Ende 20, die Fantasie und florale Muster liebt und Mut zur Farbe hat.
Lara Steinhäußer
Hast du zum Abschluss noch einen sommerlichen Filmtipp für unsere Leser*innen?
Florentina Leitner
Ich bin ein Fan von La Grande Bellezza (2013), ein italienischer Film, der in Rom spielt und die ewige Stadt in besonders schöner Weise in Szene setzt. Der Film gibt einen sehr guten Sommervibe und hat coole Soundtracks, einer meiner Lieblingsfilme.
Lara Steinhäußer
Das ist auch einer meiner Lieblingsfilme, ein sehr guter Tipp, danke für das Gespräch.
Das Gespräch führte Lara Steinhäußer, Kustodin MAK Sammlung Textilien und Teppiche
Florentina Leitner (* 1996 in Wien) lebt in Antwerpen, absolvierte die Modeschule Hetzendorf, studierte bei Walter Van Beirendonck an der Royal Academy of Fine Arts in Antwerpen und arbeitete bei Dries Van Noten, bevor sie im Jahr 2021 nach regem Interesse an ihrer Abschlusskollektion ihre eigene Modemarke lancierte. Ihre oft romantisch konnotierten Stücke lässt Leitner in Italien produzieren, häufig mit Deadstock-Stoffen und in entsprechend limitierter Auflage – so nachhaltig wie nur möglich.
Die Ausstellung (CON)TEMPORARY FASHION SHOWCASE. Florentina Leitner ist noch bis 3.11.2024 im MAK Geymüllerschlössel zu sehen.
Fashion Lounge
Anlässlich des (CON)TEMPORARY FASHION SHOWCASE wird der Schlossgarten an ausgewählten Wochenenden zur Fashion Lounge. Kulinarische Highlights mit Popchop, Oberwasser Fisch, Buschenschank in Residency, Workshops mit Künstler*innen, Führungen, Talks und ein Vintage-Markt mit Judith Bradl bieten ein vielfältiges Programm rund um das Thema Mode in biedermeierlichem Ambiente.
Details unter: MAK.at/contemporaryfashion